Pfarrer erlebt Radreisen als spirituelle Erfahrung

Weit mehr als Kilometer zählen

Fahrradfahren ist umweltfreundlich, darauf will der Weltfahrradtag aufmerksam machen. Aber nicht nur das. Pfarrer Gereon Alter unternimmt seit vielen Jahren Pilgerreisen auf dem Rad, am liebsten allein. Das tue auch seiner Seele gut.

Symbolbild Ein Fahrradfahrer auf einer Tour unterwegs / © EvaL Miko (shutterstock)
Symbolbild Ein Fahrradfahrer auf einer Tour unterwegs / © EvaL Miko ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie haben schon 50 Länder mit dem Fahrrad durchfahren und über 100.000 Kilometer zurückgelegt. Sie bezeichnen Ihre Radreisen als Reise zu sich selbst, zu anderen Menschen und zu Gott. Wie erleben Sie diese spirituelle Dimension des Radfahrens?

Pfarrer Gereon Alter auf seiner Mexiko-Tour / © Pfarrer Gereon Alter (privat)
Pfarrer Gereon Alter auf seiner Mexiko-Tour / © Pfarrer Gereon Alter ( privat )
Pfarrer Gereon Alter auf einer Tour durch Mexiko (Archiv)

Gereon Alter (Pfarrer, Buchautor, Reiseradler.): Ich komme bei mir selber an. Das ist die Basis aller Spiritualität. Das kann jeder erfahren, wenn er es nicht schon erfahren hat. Wenn ich mich aufs Fahrrad setze und wahrnehme, wie der Atem sich verändert, wie ich aufmerksamer werde, wie ich die Dinge, die um mich herum sind, ganz anders aufnehme, dann ist das für sich genommen schon sehr angenehm und tut der Seele gut. Das ist für mich der Schlüssel zu Erfahrungen, die mich weit über diese Radtour hinaus prägen. 

DOMRADIO.DE: In Ihrem Buch "Wer radelt, der findet" berichten Sie von prägenden Begegnungen. Gibt es eine besondere Geschichte, die Ihnen im Gedächtnis geblieben ist? 

Alter: Das sind ganz viele. Es sind oft Begegnungen "en passant": Menschen, die man nur kurzfristig trifft und danach wieder aus dem Blick verliert. Aber die geben einem manchmal etwas mit. 

Ein konkretes Beispiel: Mir stand ein Mann an einer Tankstelle gegenüber, der staunte bewundernd über das bepackte Rad und sagte: "You are doing right - du machst es richtig." Das habe ich als eine Bestätigung empfunden. Aus seiner Perspektive hat er wahrscheinlich gemeint, das sei eine schöne Idee Urlaub zu machen, das würde ich auch mal gerne tun. 

Aber bei mir ist dieses Wort ganz anders angekommen. "You're doing right, du bist auf dem richtigen Weg". Solche Worte, die ins eigene Leben als Bestätigungen, als Ermutigung hineinsprechen, sammel ich ganz viel auf solchen Reisen. 

Gereon Alter

"Je älter ich werde, desto mehr entdecke ich den Reiz des Alleineradelns."

DOMRADIO.DE: Sie sind fast immer alleine unterwegs. Wie ist es für Sie, in Gemeinschaft zu radeln? Käme das für Sie in Frage? 

Alter: Das habe ich auch schon häufiger getan, mit kleinen Gruppen von sieben bis acht Personen, viele Radtouren auch zu zweit. Aber je älter ich werde, desto mehr entdecke ich den Reiz des Alleineradelns. Viele denken, man sei einsam, es sei vielleicht langweilig. 

Aber das Gegenteil ist der Fall. Man ist viel offener für Begegnungen, auch für Naturerlebnisse. Probieren Sie es mal aus, es müssen erst mal nur ein, zwei Stunden am Sonntagnachmittag sein. Machen Sie sich mal alleine auf den Weg. Sie werden merken, dass es ein ganz intensives Erlebnis ist. 

DOMRADIO.DE: In Ihrer Gemeinde sind Sie als Fahrradpfarrer bekannt. Wie reagieren Gläubige und Kirchenferne auf Ihre Radpilgerreisen? Öffnet Ihnen das Türen? 

Alter: Das ist in der Tat so. Das kleine Büchlein, das ich geschrieben habe, wird vor allem von Menschen gekauft, die mit Kirche und Glaube nicht viel am Hut haben. Sie teilen aber sehr wohl diese Radreiseleidenschaft und merken dann, dass das Ganze einen Mehrwert hat. 

Das ist nicht nur ein schönes Hobby, sondern hat etwas mit unserem Leben zu tun, mit unserer Gesundheit, der Seele. Es ist also für mich auch ein Ort, wo ich als Pfarrer mit Menschen in Kontakt komme, mit denen Kirche sonst vielleicht gar nicht in Kontakt kommt. 

Gereon Alter

"Das ist nicht nur ein schönes Hobby, sondern hat etwas mit unserem Leben zu tun, mit unserer Gesundheit, der Seele."

DOMRADIO.DE: Welche Botschaft möchten Sie zum Tag des Fahrrads den Menschen mitgeben, die das Fahrrad bisher nur als Fortbewegungsmittel sehen? 

Alter: Einfach mal etwas ausprobieren, was man vielleicht bislang noch nicht so gemacht hat. Ich kenne bei vielen die Herausforderung, mal allein unterwegs zu sein. Oder wer viele Kilometer meint machen zu müssen, sollte es einmal langsam angehen lassen und eine Pause machen. Etwas Neues auszuprobieren, wäre mein Rat. 

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR

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