DOMRADIO.DE: Im Wappen von Papst Urban VIII. sind Bienen zu sehen. Welchen Hintergrund hat das?

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Buchautor): Es gibt eine hübsche Geschichte, die den Papst mit dem französischen König verbindet. Papst Urban VIII. ließ einmal dem französischen König mitteilen: "Bienen bewirken mehr als Lilien". Denn die französischen Könige haben in ihrem Wappen Lilien. Das war eine Anspielung auf seine Politik und auf seinen Einfluss. Das zeigt, dass man den Wappentieren der Barberini sehr viel Wert zu maß.
DOMRADIO.DE: Sind die Bienen im Wappen eher ein Zeichen für Macht und Einfluss der Familie Barberini, die Sie gerade genannt haben oder stehen Sie mehr für christliche Werte?
Nersinger: Sie stehen für drei verschiedene Werte: für Fleiß, Sparsamkeit und Süße. Fleiß insoweit, da der Papst die Stadt Rom und auch den Vatikan mit vielen Bauwerken überzogen hat. Denken wir an den Baldachin in St. Peter, denken wir an die Kanonen der Engelsburg, denken wir an die vielen Brunnen und Bauwerke, die wir nicht nur in der Stadt Rom, sondern im römischen Umland finden.
Die Sparsamkeit kann man daran erkennen, dass er zum Beispiel für den großen Baldachin in St. Peter, der sich über dem Grab des Heiligen Petrus erhebt, die Bronze aus dem Pantheon genommen hat. Er hat die Bronze auch dazu benutzt, um Kanonen für die Engelsburg zu gießen.

Bei der Süße wird auf die Gebäude angespielt, aber vor allen Dingen auf die unzähligen Brunnen, die der Papst der Bevölkerung im Vatikan und in Rom geschenkt hat.
DOMRADIO.DE: Gibt es auch andere Päpste, die Tiere oder besondere Zeichen in ihren Wappen hatten.
Nersinger: Da könnten wir eine ganze Reihe aufzählen. Spontan fallen mir die zwei Borgia-Päpste ein. Die beiden Borgia-Päpste haben in ihren Wappen einen Stier gehabt. Das war ein Ausdruck der Macht und auch aus verschiedenen Richtungen betrachtet ein Ausdruck der Potenz.
DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielten Familienwappen generell bei der Wahl und bei der Darstellung von Päpsten in früheren Jahrhunderten?
Nersinger: Sie waren sehr wichtig, weil sie den Bewohnern der römischen Stadt, den Besuchern, aber auch den Pilgern anzeigten, dass es hier ein Gebäude, Brunnen oder ein anderes Bauwerk gibt, das von dem und dem Papst gestiftet oder erbaut worden ist. Das war so eine Art Bildersprache, die man auch verstand, wenn man anderer Wissensbereiche nicht so kundig war. Es war ein richtiges kleines Bilderbuch, das man den Leuten darbrachte.
Das Interview führte Tobias Fricke.